Safety first
Bei der Carnival Corporation, dem weltweit größten Kreuzfahrtkonzern, bleibt man seiner Schiffsflotte rund um die Uhr auf der Spur – unter anderem auch von Hamburg aus. Ein Besuch im Fleet Operations Center in der HafenCity.
Höchste Aufmerksamkeit bei Tag und bei Nacht:
Im Schiffsführungszentrum in der HafenCity hat die „Besatzung“ ihre Flotte immer im Blick.
Konzentrierte Stille liegt über dem Raum. Drei „Wachhabende“ blicken auf ihre Monitore. Einige Meter vor ihnen erstreckt sich eine Wand, die nahtlos mit weiteren Screens bestückt ist: Seekarten, auf denen Symbole blinken, bunte Wetterkarten, Tabellen, Diagramme. Eine frische Brise weht aus der Klimaanlage – sie hat Symbolwert: Wer im Fleet Operations Center von Carnival Maritime arbeitet, soll einen kühlen Kopf bewahren.
Das Fleet Operations Center (FOC) ist das technische Herzstück von Carnival Maritime am Standort Hamburg. Wenn Michael Salzmann, der als Senior Superintendent Fleet Operations dem Center vorsteht, durch „sein“ FOC führt, ist er in seinem Element. Er fuhr früher selbst zur See und war als 1. Offizier auf Containerschiffen unterwegs, bevor er zur Kreuzschifffahrt wechselte und ihr treu blieb. „Von hier aus haben wir die 38 Schiffe der Carnival Gruppe im Blick – also Costa, Costa Asia und AIDA, aber auch die Schiffe der britischen Linien Cunard und P&O Cruises“, erläutert er. Ganz buchstäblich auf dem Schirm hat man hier aber weitaus mehr – nämlich alle Bewegungen der über 100 Carnival Schiffe weltweit. Um sie zu monitoren, gibt es insgesamt drei Fleet Operations Center im Konzern, neben dem in Hamburg je eines in Seattle und in Miami.
„Unsere Aufgaben basieren auf drei Säulen. Die erste ist die Sicherheit: Wo befinden sich die Schiffe, und welche Route werden sie nehmen?“ Standardkorridore zwischen den Häfen sind der technische Baustein, um die Schiffe zu monitoren. Salzmann: „Verlässt ein Schiff diesen Korridor, löst das bei uns ein Signal aus. Der Grund für die Abweichung ist meist, dass der Mindestabstand zu einem anderen Schiff gewahrt werden muss. Es kann aber auch eine medizinische Notausschiffung sein. Dann muss ein Schiff schnell eine Rendezvous-Position mit dem Helikopter oder Rettungsboot erreichen. Wir hier sind digital immer dabei.“
Krisenmanagement ist eine weitere Aufgabe – „operationelle Problemannahme und Eskalation“ nennt Salzmann es. „Die meisten Vorkommnisse sind schlichtweg wetterbedingt. Wir sehen hier zum Beispiel Starkwinde auf einen Hafen zukom- men. Schaffen wir unter diesen Bedingungen den pünktlichen Passagierwechsel dort? Ist es sinnvoll, früher einzufahren, um die drei- bis viertausend Gäste vor diesem Schlechtwettergebiet an Bord zu nehmen? Müssen wir das Schiff in einen anderen Hafen leiten, dann die Gäste shutteln oder sogar den Flieger umleiten?“ Bei solchen Fragen beginnt das gut geölte Räderwerk bei Carnival Maritime zu rotieren. Die Problemlösung wird mit allen betroffenen Abteilungen entwickelt – eine logistische Hochleistung. „Wie in der Fliegerei dürfen auch wir in der Kreuzschifffahrt nicht zu spät kommen. Es geht um Liegezeiten im Hafen, aber auch um entgangene Urlaubsfreuden“, erläutert Michael Salzmann. Und darüber hinaus müssen die Schiffe nicht nur Passagiere aufnehmen, sondern auch mit Lebensmitteln versorgt werden. „Da müssen ca. 260 Container pro Woche geplant und pünktlich entladen werden.“
Der nautische Support für Costa und AIDA ist ebenfalls Sache von Salzmanns Team: „Wenn Costa wie gerade jetzt den Katalog für 2019 entwickelt, prüfen wir zum Beispiel, ob die Reiserouten nautisch sinn- voll und ob die Fahrtzeiten machbar sind.“ Dabei denken die Nautiker deutlich in die Zukunft: „Wir müssen angesichts immer größerer Schiffe ermitteln, ob ein bestimmter Hafen in fünf Jahren überhaupt noch ansteuerbar ist. Im Zweifelsfall spielen wir das im Simulationszentrum durch.“
Digitale Technologien sind aus all diesen Kontroll- und Steuerungsprozessen nicht wegzudenken. Michael Salzmann ist stolz auf den „starken Motor” im Fleet Operations Center: „Wir haben erheblich in die Technik investiert. Das ist sinnvoll, denn von den 16.000 bis 20.000 Sensordaten von einem Schiff erhalten wir ca. 450 rund um die Uhr in Echtzeit, und das mal 38 Schiffe – diese Menge muss erst einmal verarbeitet werden.“ Die Software und die Technologien, die zum Einsatz kommen, sind teils selbst entwickelt. Viele Daten stammen aus der „Black Box“ eines Schiffes, dem Voyage Data Recorder (VDR). Auch den hat Carnival Maritime nach individuellen Vorgaben erweitern lassen. „Wir haben den Hersteller kontaktiert und echte Entwicklungsarbeit für die Branche geleistet.“ Der neue VDR ist nun auf allen Schiffen von Costa und AIDA installiert und produziert Daten, die gespeichert, aus der Cloud abgerufen und analysiert werden können.
Kürzlich war der Verband Deutscher Reeder bei Carnival Maritime zu Gast und ließ sich vom Fleet Operations Center inspirieren. Salzmann freut das: „In der Branche befinden wir uns in regem Austausch. Jeder hat ein Interesse an mehr Sicherheit und Service, und jeder hofft, die Effizienz von Schiffen optimal zu monitoren, zu tracken und zu verbessern. Da können wir nur voneinander lernen. Bei der Sicherheit gibt es keine Konkurrenz.“
Fotos: dpa/Carnival Maritime
Im Fleet Operations Center fließen zahlreiche Informationen zusammen. Die Mitarbeiter haben sie alle im Blick
Safety first – 24/7
Das Fleet Operations Center von Carnival Maritime arbeitet sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Der Schichtplan ist ungewöhnlich: vier Tagschichtenvon 8 bis 20 Uhr, vier Tage frei. Dann drei Nachtschichten und erneut vier Tage frei. Die 12-Stunden-Schichten und der Rhythmus waren ein erklärter Wunsch der Mitarbeiter: „Die ,Besatzung‘ kommt aus Deutschland, Polen, Italien und England“, erläutert Leiter Michael Salzmann.
15 erfahrene Seeleute, darunter drei Frauen, sind im FOC Hamburg beschäftigt. Der Weg dorthin führt über eine nautische Ausbildung: Mindestens drei Jahre muss jeder, der hier arbeiten will, zur See gefahren sein – idealerweise auf einem Kreuzfahrtschiff.