Auf die Technik kommt es an
Wer in diesen Tagen durch die Flure in der Hamburger Zentrale von Mein Schiff geht, spürt einen intensiven Mix aus Spannung und Vorfreude: die Erwartung. Denn zum ersten Mal in der fünfzehnjährigen Geschichte der Reederei werden zwei neue Schiffe gleichzeitig gebaut. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren – auch in Abteilungen wie dem Gästemanagement, bei den Buchungsexperten und den Routenplanern.
Ein paar Gänge weiter arbeitet die Abteilung „Newbuild“: Zusammen mit den Werften konzipiert sie die Schiffe. Eine nachhaltige Kreuzfahrt, frei von Klimagasen und Luftschadstoffen – für die Techniker von Newbuild ist es eine klare Konstruktionsaufgabe. Und sie wissen, was sie technisch dafür benötigen: Treibstoffe, die bei ihrem Einsatz immer weniger Emissionen erzeugen. Systeme, die immer perfekter reinigen, was noch an Abgasen entsteht. Schiffe, die immer effizienter mit der eingesetzten Energie umgehen.
Neue Treibstoffe für weniger Emissionen
Sektion um Sektion wächst derweil die Mein Schiff 7 auf der Meyer-Werft im finnischen Turku. Als erstes Kreuzfahrtschiff wurde sie mit einem entworfen, der emissionsärmeren Marinediesel ebenso einsetzen kann wie Methanol und perspektivisch E-Methanol. Hinter dieser Bezeichnung steckt ein Kraftstoff, der leistet, was auf den Listen der Konstrukteure ganz oben steht: E-Methanol ist nicht nur CO2-neutral, es erzeugt darüber hinaus weder Schwefel noch Ruß-Emissionen.
Szenenwechsel: Gut 1.700 Kilometer weiter südlich, im italienischen Monfalcone, entsteht gerade das erste Exemplar einer völlig neuen Klasse der Mein Schiff Flotte. Wohlfühlen neu erleben – mit diesem Auftrag haben sich die Designer der Gästebereiche an die Arbeit gemacht und beim Entwurf von Kabinen und Suiten, Restaurants, Theatern und Pools zahllose neue Ideen umgesetzt. Auch die Ingenieure nutzten die Gelegenheit, neu zu denken: Sie bestückten den Maschinenraum mit Motoren, die mit Flüssiggas betrieben werden können und perspektivisch mit E-LNG. Wie beim E-Methanol wird so eine CO2-neutrale Fahrt möglich sein – auch sie frei von Schwefel- und Rußemissionen.
Für Wybcke Meier, CEO von Mein Schiff, ist die Wahl beider Antriebe Teil einer umfassenderen Strategie: „Die Entscheidung, die Mein Schiff 7 für die Nutzung von Methanol vorzubereiten und die neue Schiffsklasse mit Flüssiggasturbinen auszurüsten, ist für uns eine wichtige Investition in die Zukunft und ein zur klimaneutralen Kreuzfahrt“.
Abgasreinigung mit Euro-6 Norm
Genau zehn Jahre vor der Mein Schiff 7 lag in Turku die Mein Schiff 3 auf Kiel. Als erstes Kreuzfahrtschiff wurde sie mit einer Anlage zur Abgasnachbehandlung ausgestattet, die einen Katalysator mit einer Abgaswäsche kombinierte. So konnten die Emissionen drastisch gesenkt werden: Bei Schwefeloxid etwa um 99%, bei Stickoxid um 75%. Alle heute fahrenden Schiffe der Wohlfühl-Flotte wurden in den Jahren danach gebaut und mit diesen Systemen ausgerüstet. Es entstand die jüngste Kreuzfahrtflotte auf dem Markt – und durch die neue Technik eine der saubersten weltweit. Nun werden die beiden Neubauten mit noch weiterentwickelten Katalysatoren ausgestattet: Sie erreichen EURO-6-Norm, derzeit die höchste Stufe für Straßenfahrzeuge.
Zum Energiesparen gebaut
Vom Einsatz stromsparender Leuchten bis zur Wahl der sparsamsten Reisegeschwindigkeit – in allen Bereichen optimiert die Mein Schiff-Flotte laufend ihren Energieverbrauch. Wird ein neues Schiff auf Kiel gelegt, ergeben sich in der Konstruktion Möglichkeiten, das komplette System weiterzuentwickeln. Um sie zu nutzen, hatten die Neubauten der Mein Schiff-Flotte als erste Kreuzfahrtschiffe mit den Werften vertraglich fixierte Werte für die Energie-Effizienz. Sie verbrauchen so im Ergebnis bis zu 40% weniger Energie als Kreuzfahrtschiffe vergleichbarer Größe. Den Kurs setzt das achte Schiff nun fort: Seine Dampfturbinen nutzen Dampf, der gerade nicht zum Antrieb gebraucht wird, um elektrische Energie für den Bordbetrieb erzeugen.
Mit grünem Landstrom im Hafen
Kreuzfahrtschiffe liegen 40% der Zeit in Häfen. Werden sie dort mit Strom versorgt, ruhen ihre Antriebe, die sonst alle Energie an Bord erzeugen. Neubauten mit Landstrom-Anschlüssen auszurüsten oder schon fahrende Schiffe nachzurüsten, ist fast zur Selbstverständlichkeit geworden. Voraussetzung für ihren Einsatz ist aber, dass solche Anlagen an den Kais zur Verfügung stehen. Wybcke Meier, CEO von Mein Schiff: „Bei der Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele sehen wir auch die Häfen in der Pflicht: Zum einen muss das Angebot an Landstromanlagen zügig weiter ausgebaut werden in ganz Europa. Zum anderen müssen die Häfen, wie es beispielsweise hier in Hamburg, aber auch in Kiel und Warnemünde der Fall ist, ein grünes Stromkonzept vorlegen. Nur so können wir sicherstellen, dass wir die Emissionen nicht an andere Stelle verlagern.“
Mein Schiff
Die Hamburger Kreuzfahrt-Reederei wurde im Jahr 2008 gegründet und ist heute einer der führenden Kreuzfahrtanbieter im deutschsprachigen Raum. Mein Schiff bietet zeitgemäße Urlaubsreisen auf See im Premium-Segment. Die derzeit sechs Schiffe der Flotte wurden zwischen 2014 und 2019 gebaut und in Dienst gestellt. Damit ist es die derzeit jüngste und technisch modernste Flotte auf dem Markt. Im Zuge des nachhaltigen Wachstums sind bis 2026 drei weitere Schiffsneubauten geplant. Die Mein Schiff 7 wird ab Sommer 2024 auf Fahrt gehen.
Das Ziel ist klar
Bis 2030 werden die Kreuzfahrtreedereien der TUI Group ihre CO2-Emissionen gegenüber 2019 um mehr als ein Viertel (27,5%) senken. Mit dieser durch die SBTi (Science Based Target initiative) bestätigten Planung sind sie nicht nur die ersten der Branche; tatsächlich verpflichtet sich zurzeit keine andere Kreuzfahrtreederei der Welt auf ein so absolutes, streng kontrolliertes Klimaschutzziel.
TUI Cruises, die Muttergesellschaft von Mein Schiff, ließ darum zusammen mit der TUI Group ihre Ziele zur Minderung von CO2-Emissionen unabhängig prüfen. Die Science Based Targets Initiative kontrolliert weltweit solche Pläne von Unternehmen auf ihre Übereinstimmung mit aktuellen Erkenntnissen der Klimawissenschaft und dem Pariser Klimaschutzabkommen. Getragen wird die Initiative unter anderen von der Umweltorganisation WWF und der UNO.
Aus Abfall wird ein Rohstoff
Auf den neuen Schiffen der Mein Schiff-Flotte sorgt ein innovativer Prozess dafür, dass von organischem Müll nur zwei Dinge bleiben: Klares Wasser und ein schwarzer Stoff, der auf den ersten Blick Holzkohle ähnelt – aber weitaus mehr kann. Die Entwickler beschreiben ihr HydroTreat genanntes System als “raffinierten Schnellkochtopf“: Mit Hitze und Druck werden die flüssigen Teile des Abfalls abgeschieden und in die schiffseigene Abwasseraufbereitung geleitet. Heraus kommt Wasser so klar, wie es an Land modernste Kläranlagen leisten. Die festen Anteile verwandeln sich durch die Behandlung in pechschwarzen BioChar, in der Landwirtschaft gilt er als Multitalent – zum Beispiel zur Bodenverbesserung oder als Futterzusatz.